Rechtsanwälte Gäbler & Heuser

 

Verkehrsrecht

Zugunsten der Fahrschüler: Fahrschule darf nach Verkehrsunfall trotz Schadensminderungspflicht typgleichen Ersatzwagen anmieten

Grundsätzlich kann der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall die Kosten für einen Mietwagen ersetzt verlangen. Allerdings ist ein Ersatz nur insoweit zu leisten, als der Betrag objektiv erforderlich ist, um der vertragsgemäßen Schadensminderungspflicht nachzukommen. Das Amtsgericht München (AG) musste entscheiden, ob es einer Fahrschule zugestanden werden kann, ein typgleiches Fahrzeug anzumieten. Das AG sagte ja - lesen Sie hier, warum.

Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall mietete der Inhaber einer Fahrschule ein typengleiches Fahrzeug an. Seine Schadensersatzansprüche trat er an die Autovermietung ab, die die Mietwagenkosten in voller Höhe von der gegnerischen Haftpflichtversicherung ersetzt verlangte. Bei dem verunfallten Fahrzeug hat es sich um einen Audi A3 gehandelt, und ein entsprechendes Fahrzeug wurde dann auch angemietet. Die Haftpflichtversicherung argumentierte jedoch mit Verweis auf die Schadensminderungspflicht, dass die Anmietung zu überhöhten Kosten erfolgt sei. In dem betreffenden Zeitraum hätte ein günstigerer Fahrschulwagen angemietet werden können.

Das AG entschied jedoch anders, und zwar, dass die Fahrschule durchaus einen typgleichen Ersatzwagen anmieten durfte. Es ist nicht zumutbar, auf ein anderes Modell auszuweichen. Denn es sei amtsbekannt, dass es für Fahranfänger außerordentlich wichtig ist, ihre Fahrstunden und Prüfungsstunden in dem von ihnen gewohnten Fahrzeugmodell zu absolvieren. Selbst erfahrene Fahrzeugführer bräuchten eine gewisse Zeit, um sich auf ein neues Fahrzeugmodell einzustellen. Für einen solchen Umgewöhnungeffekt, der sich im späteren Fahralltag einstellt, bezahlen die Fahrschüler jedoch nicht ihre Fahrstunden.

Hinweis: Als erforderlich sind Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Dabei besteht die Verpflichtung des Geschädigten, den Schaden möglichst gering zu halten, um seiner Schadensminderungspflicht nachzukommen. In der Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass ein Mietfahrzeug in der Regel eine Klasse kleiner sein sollte als das beschädigte Fahrzeug. Nach der Entscheidung des AG gilt dies jedoch nicht bei Fahrschulwagen.

Quelle: AG München, Urt. v. 09.08.2023 - 322 C 13019/22
Thema: Verkehrsrecht